Nguyen Huy Thiep geb. 1950 in der Provinz Thai Nguyen, machte 1970 das Lehrerexamen und ging später freiwillig für fünf Jahre in die dünn besiedelte Bergregion in der Provinz Tay Bac im Norden. Seit 1980 lebt er als freier Schriftsteller in Hanoi. Heute gilt er als Initiator und wichtigster Vertreter einer literarischen Richtung, die man allgemein inzwischen als "Doi Moi-Literatur" bezeichnet. Zu ihr gehören Werke, die direkt nach der Politik der Erneuerung und Öffnung (Doi moi, beim Parteitag 1986 beschlossen und seither Schritt für Schritt verwirklicht) entstanden sind.

Der pensionierte General
Diese Novelle war sozusagen der Eröffnungstext dieser jungen neuen Literatur in Vietnam. Sie erschien 1986 und war äußerst umstritten, wendete sie sich doch direkt gegen eine führende literarische Tradition der Heroisierung des Krieges, die Jahrzehnte lang das offiziell vorgeschriebene künstlerische Konzept gewesen war. Ein pensionierter General, gezeigt nach Abschluss seiner heldenhaften Taten und mit spürbaren Altersdefiziten behaftet, war bis dahin als Zentralfigur unvorstellbar gewesen. Abgesehen von dieser literaturgeschichtlichen Bedeutung gehören die Erzählungen und Kurzgeschichten von Nguyen Huy Thiep inzwischen zur modernen vietnamesischen Literatur als Schlüsselwerke auch in formaler Hinsicht: Spiel mit Textsorten, Versatzstücken und alten Klischees, Verfremdungseffekte, narrative Dekonstruktion, kurz vieles, was hierzulande als "postmodern" bezeichnet wird, ist bei Thiep zu einer Erzählform ästhetisch verdichtet worden, die Weltgeltung beanspruchen darf.

"Ein echtes Leseerlebnis, das einer gekonnt schlicht gehaltenen und sehr konzentrierten Übersetzung zu verdanken ist."
Neue Zürcher Zeitung, 20.04.2010

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